Blau ist wahrlich eine besondere Farbe. So besonders, dass die Alten Römer und Griechen, die am Mittelmeer lebten, dafür keinen Namen haben sollen. Bei uns machte sich die Farbe einen Namen vor etwa 20 Jahren. "Blau macht schlau" stand nicht nur in einer seriösen Zeitung. Das blaue Wunder wurde in einer Fernsehshow thematisiert (hier). Es hatte mit einem Versuch mit Hamburger Schulkindern als Versuchskaninchen begonnen (hier).
Die CDU von Hamburg hatte das Licht entdeckt und jemand, dass es Gelder aus dem Konjunkturprogramm gab. Den Anlass erklärte die CDU der Presse am 6. Februar 2009 so: „Licht enthält rote und blaue Bestandteile. Der Mensch reagiert darauf unterschiedlich. Neuartige Leuchten können die Rot- und Blauanteile gezielt definieren, so dass man entsprechend auf menschliche Körper wirken kann, um die Konzentration zu verbessern.“
Die Idee, mit blauem (oder irgendwie sonst geeignetem) Licht Kinder beruhigen zu wollen, stammt übrigens nicht vom dem Professor für die Kinderpsychiatrie, der den Versuch in Hamburg durchgeführt hat. Sie gebührt John Ott, der behauptete, die Unruhen der Jugend in den USA wären durch das Licht der damaligen Fernseher ("Flimmerkisten") bedingt gewesen. Das komplette Buch "Health and Light - The Effects of Natural and Artificial Light on Man and Other Living Things." von 1978 ist hier abrufbar.1First printing 1973 – ISBN: 0-671-80537-1 Reprint edition (April 1, 2000) – ISBN: 0-898-04098-1
Nachdem die Idee im Jahr 2009 aufgewärmt wurde, wurde sie sogar zu einer Basis für ein "revolutionäres" Beleuchtungskonzept HCL (Human Centric Lighting), das das Beratungsunternehmen A.T. Kearney für den ZVEI als Marketingkonzept erfunden hat. Wie hier gezeigt, sollte blaues Licht bei Schülern ADHS (Zappelphilipp) reduzieren und so pro Schulkind 6000 € sparen. Vermutlich im Jahr …
Mehr dazu hier . Die Adresse stammt aus der ZVEI Broschüre "Gesundes Gebäude" von 28.05.20242https://www.zvei.org/fileadmin/user_upload/Themen/Gebauede/240528_ZVEI-White_Paper_gesundes_Gebaeude.pdf.
Die Liebe zu Blau und zu den Heilwirkungen dieser Farbe ist aber 150 Jahre älter und wurde durch dieses Buch unter die Leute gebracht:
Der Autor A. J. Pleasonton war General im amerikanischen Bürgerkrieg. Danach machte er sich einen Namen las Berater von Bauern, die mit blauen Gläsern ihre Enten steigern sollten. Die Aktion hieß auf Englisch „Blue-glass Craze“, sinngemäß der Blauglas-Wahn. Allerdings verschwand der Blau-Wahn nicht spurlos und brachte die Chromotherapie (Farbtherapie) hervor.
Der eigentliche Grund, warum das blaue Licht so interessant scheint, dürfte darin zu suchen sein, dass blaue Lichtstrahlen energiereicher sind. Zwei britische Mediziner, Arthur Downes und T.P. Blunt, wiesen 1877 nach, dass Licht Bakterien tötet.3Downes, A.; Blunt, T.P.: THE INFLUENCE OF LIGHT UPON THE DEVELOPMENT OF BACTERIA, NATURE, July 12, 1877
Aber die Theorie, dass das Sonnenlicht Erreger töte, wurde zur Überzeugung, zumal mittlerweile Robert Koch alte Vorstellungen von der Entstehung von Krankheiten ausgeräumt hatte.
Noch heute wird in deutschen Normen die Besonnung geregelt.4DIN 5034-1:2011 Tageslicht in Innenräumen Teil 1: Allgemeine Anforderungen Mindestens in NRW war eine ausreichende Besonnung sogar Bauvorschrift.5Landesbauordnung 2018 – BauO NRW 2018) vom 21.07.2018 sagt in § 47 Abs. (2): “Eine reine Nordlage aller Wohn- und Schlafräume ist unzulässig.”
Mehr zu Blau bitte hier weiterlesen.