Ein künstlicher Sonnentag in der Wohnung

Damit das Licht so hell scheint,
muss die Dunkelheit vorhanden sein.

Francis Bacon

Die elektrische Sonne, die sich heute für wenig Geld aus dem Baumarkt in die Wohnung holen kann, musste einst überhaupt technisch realisiert werden. So einfach war das allerdings nicht, denn Luckiesh, der Erfinder von Licht und Gesundheit, hatte die Latte sehr hoch ausgelegt. So hoch, dass die Technik sie nach 100 Jahren immer noch nicht erreicht hat.

Luckiesh lobte zunächst die heilenden Strahlen der Sonne. Er musste keine neuen Jünger gewinnen, sie waren bereits da als Gefolge von Sozialreformen, Städtebauern und Progressiven. Luckiesh musste nur auf den fahrenden Zug aufspringen. Er proklamierte, der Mensch müsse nicht nur Helligkeit haben, sondern Farben wie bei Tageslicht sehen. Das war ein Seitenhieb auf die CIE, die kurz davor in 1924 die V(λ)-Kurve normiert hatte. Diese beschränkt die Wirkung des Lichts auf die Helligkeit. Von Farben ist dabei keine Rede. Sie wurden später hinzugefügt.

Aber Luckiesh‘ Konzept ging in einer Hinsicht weit über das von CIE hinaus: UV-Strahlung. Diese war für Luckiesh für die Gesundheit unerlässlich. Hingegen hat die CIE UV nie als Licht akzeptiert. Also war Licht im Jahr 1926 gemäß Luckiesh praktisch alles, was von der Sonne auf der Erde ankam und mit optischen Geräten erfasst werden konnte. Für die CIE zählte nur diejenige Strahlung als Licht, die das Auge als Helligkeit wahrnimmt. So etwas hat noch nie ein Lebewesen je erlebt, ist aber wissenschaftlich postuliert.

Man hatte 1926 die Erfahrung der Glasmacher mit der UV-Strahlung hinter sich, die Pleite mit der UV-durchlässigen Verglasung (s. Vita Glass). Ergo musste die elektrische Sonne sichtbares Licht wie UV gleichzeitig erzeugen. Und das sah technisch so aus:

Zu der Glühlampe, die Licht zum Sehen produzierte, musste noch eine Entladungslampe hinzugefügt werden, um Licht sowohl für das Sehen als auch für die Gesundheit zu schaffen. Fertig war das „Dual-purpose-Light“. Davon wurden mindestens zwei Modelle von General Electric gebaut, S-1- und S-2-Lampen. Der Werbespruch lautete übersetzt etwa „So nahe bei der Natur wie es geht …“. So nahe bei der Natur, wie es geht - Das kann viel bedeuten oder gar nichts.

So ähnlich wie einst Luckiesh denken manche Lichttechniker immer noch und wundern sich, warum sich Menschen bei 500 lx im Raum geblendet fühlen, aber draußen 5000 lx möglicherweise als Zeichen für ein nahendes Gewitter halten. Den Unterschied kann man mit dem folgenden Bild erklären.

Die elektrische Sonne mag hier beide Teile des Lichts im Spektrum enthalten. Es kommt aber aus einer relativ konzentrierten Fläche. Das Tageslicht wird hingegen von der Himmelskuppel erzeugt, wozu das direkte Sonnenlicht hinzukommen kann oder aber auch nicht. Das Äquivalente im Innenraum wäre eine großflächig angestrahlte Decke sowie ebenso angestrahlte Wände. Die Quelle des Lichts ist im Innenraum sehr dominant, in der Natur relativ selten. Selbst in Wüsten, wo die Sonne vom Wasser und von den Wolken ungefiltert niederbrennt, stammt ein erheblicher Teil der Strahlung vom Himmel. Einige Quellen deuten darauf hin, dass die gestreute UV-Strahlung an einem wolkenlosen Sommertag zur Mittagszeit einen Anteil von bis zu 50% der gesamten UV-Strahlung ausmachen kann. Übrigens, bei allen Betrachtungen über die Naturnahe der künstlichen Beleuchtung fällt nie das Wort Blau, blau wie der Himmel. Wer die Szene in diesem Bild für eine Nachbildung der Natur hält, müsste seine Wahrnehmungsfähigkeit prüfen lassen.

Bei sichtbarem Licht ist die Sonne bei klarem Himmel dominant (bis 80%). Bei leichter bis mittlerer Bewölkung etwa gleich bis dominant. Bei bewölktem Himmel bzw. im nebligen Wetter dominiert die diffuse Strahlung bis über 90%.

Was simuliert nun die elektrische Sonne? Sowohl für UV als auch für das sichtbare Licht dominiert die Quelle. So werden die Kinder auf der rechten Seite das Licht auf den Kopf bekommen, wo die Haare das UV-Licht reduzieren werden. Die Kinder auf der anderen Seite bekommen es zwar ins Gesicht, wo das UV-Licht die gewünschte Wirkung entfalten kann. Aber allzu lange werden ihre Augen da nicht mitmachen. Denn das lebenswichtige UV ist gleichzeitig eine gefährliche Strahlung.

Dieses Bild zeigt Kinder an einem fiktiven Strand. Hier kann sich die UV-Strahlung besser auswirken. Aber das Problem mit der fehlenden Diffusität bleibt. Ebenso die zeitliche Kopplung von Sehen und Empfangen von „gesunder“ Strahlung.

Als die Menschen nahezu wahnsinnig auf die UV-Strahlung reagierten, gab es manche denkwürdige Erfindung, so auch dieses Gebäude, das Menschen mit der gesamten Umgebung nach der Sonne dreht (mehr hier).

Wer so etwas in die Wohnumgebung transferieren will, handelt gegen die Jahrtausende alte Lebenserfahrung, wonach die Gebäude nicht nur vor Wind und Wetter schützten, sondern auch vor der UV-Strahlung. Der Mensch kann diese weder riechen noch schmecken. So hat das Lernen mit dem Umgang mit UV sehr lange gedauert und ist den meisten Menschen nicht bewusst.

Das Tageslicht wurde bereits in der Bibel an den Anfang der Schöpfungsgeschichte gestellt (Genesis). Dessen Vorteile habe ich in Licht und Gesundheit (hier download) ausführlich dargestellt. Das will aber nicht heißen, es wäre die ideale Beleuchtung in allen Lebenssituationen. Alle lebensnotwendigen Elemente, Licht, Luft, Wasser, können sich auch tödlich auswirken. UV war zu Beginn der Geschichte der Erde für alles Leben so tödlich, dass es sich nur im Wasser entwickeln konnte. Das Leben konnte sich erst nach der Bildung des Ozonringes aus dem Wasser bewegen. Aber auch das Ozon ist ein giftiges Gas. Es hat aber das Leben auf dem Land überhaupt möglich gemacht.

Man muss sich genau überlegen, was man da ins künstliche Heim holt. Kein Wunder, dass der Hype um das UV-Licht im Raum, der viele Jahrzehnte gehalten hat, heute nur noch an der Milch zu erkennen ist. Diese heißt in den USA fortified milk, weil sie mit Vitamin D angereichert ist. In den nordischen Ländern bekommen die Kinder Lebertran, weil hoch im Norden die Sonne nie UV produziert.

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