Epochen der Kunst der Lichtmacher
Das Verhältnis der Menschen zu Licht lässt sich in vier zeitliche Epochen teilen, die sich an der bevorzugten Methode der Lichterzeugung orientieren. Am Anfang stand das Licht als Göttergabe, d.h. teuer und sehr mühsam zu unterhalten. Es stand dem Feuer sehr nahe. In der zweiten Phase bestand die Energiequelle aus einem Generator für Elektrizität. Das Licht war immer noch teuer und mit Konterbande verbunden, sprich Wärme, Rauch, Gerüche. In der dritten Phase hören Menschen endgültig auf, im Licht etwas Besonderes zu sehen. Viele hassen es sogar. Die vierte Phase hat vor etwa zwei Jahrzehnten begonnen. Sie zeichnet sich durch eine Entzauberung von Licht aus. Licht wird mit Festkörpern erzeugt. Man muss heute nur zum nächsten Baumarkt gehen und sich Lampen kaufen. Und wenig Sorgen um den Stromverbrauch anzustellen. Dennoch begreifen manche Menschen endlich, dass Licht etwas sehr Besonderes sein muss. Ebenso besonders wie die Dunkelheit.
Alle diese vier Phasen sind noch lebendig, denn keine neue Lichtquelle hat frühere vollständig ersetzt. Sie hat vielmehr frühere Formen ergänzt, möglicherweise ihrer Bedeutung beraubt oder gar in eine Nische getrieben. Da heutige Menschen durchaus alle Phasen der Lichterzeugung an einem einzigen Tag erleben können, dürften sie auch in der Lage sein, deren Bedeutung für unser Leben zu verstehen. Daher sollen die vier Phasen der Lichterzeugung und deren Einfluss auf unser Leben betrachtet werden.
Licht 1.0 Licht aus Brennbarem
Diese Phase der Lichterzeugung begann mit dem Diebstahl des Feuers durch Prometheus, also in einem Land vor unserer Zeit. Das Licht des Lagerfeuers, das viele von uns kennen und noch viel mehr weitere sogar lieben, ist bezeichnend für Licht 1.0. Man verbrennt Materialien, um Licht zu erzeugen. So kommt der Wärme die Rolle des unvermeidlichen Begleiters des Lichts zu. Was heißt hier Begleiter? Es entsteht viel mehr Wärme als Licht bei dem Prozess. Man erzeugt etwas Licht und setzt dazu viel Energie ein, die das Beleuchtete begleitet. Und manchmal sogar zerstört. Bis wir Licht ohne Makel erfinden, wird es lange dauern.
Noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts war der Kienspan die am häufigsten benutzte Lichtquelle der Welt. Er bekommt seinen Namen von dem Material, das dem Holz beigemischt ist, Baumharz. Das übliche Kiefernholz mit übermäßigen Harzeinschlüssen wird kienig genannt. Schneidet man das Holz der Länge nach in dünne, lange Späne, so erhält man Kienspan. Der brennt im Verhältnis zum offenen Feuer besser kontrolliert ab. Der Kien gilt auch als die älteste bekannte Grubenbeleuchtung. Der Bergmann musste ihn zwischen den Zähnen halten. Schlug das Schicksal früh zu, so dass er seine Zähne verlor, war es auch aus mit der Bergmannschaft. Er war „bergfertig“.
Die wichtigsten Eigenschaften des Kiens gelten für alle Entwicklungen von Licht 1.0:
- Endliche Brenndauer
- Bedarf nach Überwachung und Kontrolle
- Blendung
- Wärmeentwicklung
- Rauch- und Rußentwicklung
- Feuergefahr
Je besser man lernte, mit diesen Eigenschaften fertig zu werden, desto größer wurde der Bereich der Anwendung des künstlichen Lichts. So entwickelte sich aus dem Kienspan die Fackel mit einer längeren Brenndauer. Die Ruß- und Rauchentwicklung wurde reduziert, ebenso die Wärmeentwicklung. Das Holz diente nicht mehr als Brennstoff, sondern nur noch als Halterung der besseren Kontrolle. Somit wurde auch die Blendung reduziert.
Den nächsten Schritt bildete die Öllampe, die bereits in der Eiszeit benutzt wurde. Ihre Brenndauer wurde gegenüber der Fackel noch einmal verlängert, die Kontrolle verbessert. Durch den Einsatz des Dochtes, der nicht „abbrannte“, sondern verkohlte, erhielt man eine fast ideale Lichtquelle – gemessen am Kienspan … Die älteste bekannte Öllampe ist etwa 17.000 Jahr alt.
Öllampen finden heute noch Anwendung an diversen Orten. Man kann sie z.B. in Restaurants finden wie auch sonst an allen Orten, wo sie eine dekorative Funktion erfüllen. Sie wurden im Laufe der Jahrhunderte ständig verbessert, z.B. von Ami Argand, eigentlich François-Pierre-Amédée Argand, der etwa 1783 einen Runddocht entwickelte, der die Sauerstoffzufuhr verbesserte. Dadurch erzielte die Lampe eine höhere Brenntemperatur und ein weißeres Licht. Argand stülpte der Flamme ein Glaszylinder über und verbesserte die Kontrolle der Lichterzeugung bei reduzierter Rauch- und Rußentwicklung. Seine Lampen fanden sogar in Leuchttürmen Verwendung.
Ein wichtiges Element, das Argand erfand, ein Drehrad zur Dochtregulierung, überlebte die Öllampe in Form des Drehschalters für die elektrische Beleuchtung. Als die ersten Lichtschalter entwickelt wurden, hat man versucht, den Übergang zum neuen Mittel zur Beleuchtung sanft zu gestalten. So wurde der Drehschalter erfunden, der in alten Häusern noch seinen Dienst leistet. Dieser überließ seinen Platz später dem Kippschalter, an dessen Stellung man ablesen konnte, ob seine Stellung AN oder AUS bedeutet. Das musste aber gelernt werden.
Eine Parallelentwicklung zur Öllampe war die Kerze. Diese existierte nachweislich etwa zu Beginn unserer Zeitrechnung. Ihre Erfindung liegt nach Schätzungen ca. 5000 Jahre zurück. Bereits in der Spätantike, ca. 500 v. Chr. wurden Kerzen mit Kandelabern von den Etruskern benutzt. Die Römer adaptierten diese und verbreiteten den Kandelaber im gesamten Imperium. Etwa 200 n. Chr. war die Kerze der Römer so weit entwickelt, dass sie ohne übermäßiges Rußen und eine üble Geruchsbelästigung in geschlossenen Räumen benutzt werden konnte. Die Kirche machte ausgiebig Gebrauch von der Kerze. Wie man noch heute erleben kann, gehört sie auch lange nach der Einführung des elektrischen Lichts zum Ritual der Kirche. Selbst profane Ereignisse wie ein Abendessen bekommen eine besondere Note, wenn man sie mit einer Kerze schmückt, Candle Light Dinner. Bereits im Mittelalter wurde der Bienenwachs zu einem wichtigen Handelsgut durch die religiöse Institution. Es entstanden Berufe wie der des Lichtziehers oder des Kerzengießers.
Auch im 18. Jahrhundert benutzten Bürgerliche wie auch der Adel Bienenwachskerzen. Die ärmere Bevölkerung musste ihr Licht durch Verbrennen von Tran und Talg erzeugen wie seit dem Mittelalter. Während die Bienenwachskerze zwar mehr oder weniger Ruß erzeugt, aber keine Belästigung durch Gerüche, kann man bei Talg und Tran nicht davon sprechen. Die Nutzung von Walrat für die Kerzenherstellung hat den Pottwalen beinahe den Garaus gemacht. Erst die Erschließung von Erdöl als Brennstoff machte die Jagd auf diese Wale unrentabel. Das Erdöl brannte und brennt in Argand-Lampen wie jedes andere Öl. Es wurde sogar dazu benutzt, in Öllampen nebenbei Strom zu erzeugen, damit man in Dörfern in Sibirien nicht nur Licht hatte, sondern auch Radio hören konnte.
Ehe man Dochte erfand oder entwickelte, die nicht mehr so wartungsintensiv waren, musste man die Flamme der Kerze hegen und pflegen. Sonst pflegte sie zu rußen, und die Kerze tropfte noch häufiger als sonst. Der Adel beschäftigte zur Pflege und Kontrolle des Kerzenlichts sogar spezialisierte Diener (Lichtschneuzer), Opern und Theater beschäftigten Komödien-Lichtputzer. Auch wenn die Dochtschere in einem heutigen Haushalt nicht mehr benötigt wird, weil die Technologie der Kerze nach mehreren tausend Jahren nahezu perfekt ist, ganz wartungsfrei ist sie immer noch nicht geworden. Alle wichtigen Eigenschaften des Kiens, wie oben angeführt, gelten immer noch für die Kerze. Und sie tropft bei seitlichem Wind unerbittlich.
Der nächste große Schritt der Beleuchtungstechnik hieß dann Gasbeleuchtung. Diese nutzte die zu Beginn der Industrialisierung entdeckte Gewinnung von brennbarem Gas, z.B. aus Steinkohle. Licht aus Gas musste hingegen nicht erst erfunden werden. Es war bereits in der Antike bekannt („Ewiges Feuer der Chimäre“ in Lykien, Türkei). Das Problem hieß, ein kontrolliertes Feuer zu entfachen, das möglichst lange brannte und mehr Licht statt Wärme erzeugte. Das letztere Ziel wurde allerdings nie erreicht. Bei allen Leuchtmitteln der Epoche Licht 1.0 geht der größte Teil der eingesetzten Energie für die Lichterzeugung verloren. Ob dies aber nützlich oder ärgerlich wirkt, hängt von den Umständen ab. Wenn man einen ordentlichen Kandelaber zum Beleuchten der Abendtafel benutzte, musste man nur noch die Mauern im Rücken der Gäste mit Brokatvorhängen versehen, um auch im tiefen Winter eine wohlige Atmosphäre zu schaffen. Im Sommer hingegen war die Wärme einfach lästig.
Die erste funktionierende Gaslampe wurde 1785 in den Niederlanden durch Johannes Petrus Minckeleers in Betrieb genommen. Eine „industriemäßig“ betriebene Produktion von Licht wurde aber erst möglich, als sich das Leuchtgas im großen Stil herstellen ließ. Dies gelang dem Schotten William Murdoch und seinem Assistenten William Clegg. Sie benutzten das Gas zum Beleuchten ihrer Fabriken. Damit war es im Prinzip aus mit der „endlichen“ Brenndauer. Die Beleuchtung funktionierte bis zum Abdrehen des Gases. Die Wärmeentwicklung bei der Lichterzeugung ist uns allerdings bis heute treu geblieben. Selbst modernste LEDs „haben ein thermisches Problem“(1LEDs sind Halbleiterbauelemente, deren Eigenschaften sehr stark temperaturabhängig sind. Daher muss die Verlustenergie, die bei der Lichterzeugung anfällt, optimal abgeführt werden. Falls dies unvollkommen geschieht, kann die Lebensdauer drastisch sinken. Hier ein Beispiel für die Temperaturbeständigkeit von LED-Leuchten @) . Die Leuchtmittel können nicht nur sich selbst zerstören, wenn dieses nicht vernünftig gelöst ist. Sie können sogar brandgefährlich sein. Der große Unterschied in der Wärmeentwicklung bei der Lichterzeugung besteht im Verhältnis der Energie, die als Licht abgegeben wird, zu der Gesamtenergie, die der Prozess schluckt. Dieses Verhältnis, im Fachgebrauch Lichtausbeute genannt, ist heute sogar wichtiger als einst. Und diese ist mittlerweile unvergleichlich höher als bei den meisten früheren Leuchtmitteln.
Als es gelang, das Leuchtgas über größere Bereiche zu verteilen, konnte man damit sogar Straßen beleuchten. Diese wurde zuerst in London entlang der Pall Mall, City of Westminster, in den Jahren 1807/1808 in Betrieb genommen. In den darauf folgenden Jahren und Jahrzehnten wurden Gasgesellschaften gegründet, die Leuchtgas vertrieben. Selbst ein technisch nicht allzu hoch entwickelter Staat wie das Osmanische Reich baute zum neuen Palast des Herrschers eine Gasanstalt in 1856, die die Energie für die Beleuchtung und Beheizung des Palasts lieferte.
Die Gasbeleuchtung selber war gemessen an modernen Gasleuchten schwach ausgeprägt. In den Laternen wurde das Gas nämlich als offene Flamme verbrannt. Das änderte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Carl Freiherr Auer von Welsbach, ein österreichischer Chemiker und Unternehmer, verbesserte die Gaslaterne durch seine Erfindung des Glühstrumpfs, auch Auerstrumpf genannt. Die Lichtausbeute wurde deutlich erhöht. Das Licht wurde nicht mehr durch das Verbrennen des Gases direkt erzeugt, sondern durch das Erhitzen des Glühstrumpfs. Damit war das Gaslicht nicht nur heller als die Kerze oder die Öllampe, sondern auch das mittlerweile erfundene elektrische Glühlicht. Tatsächlich konnte sich die Gasbeleuchtung bis heute in vielen Städten halten, auch wenn wirtschaftliche Gründe dagegen zu sprechen scheinen.
Um den vom Auerbach erzielten Fortschritt, mit einigen Zahlen zu verdeutlichen, hilft die Lichtausbeute unterschiedlicher Lichtquellen. Sie beträgt für die Kerze etwa 0,1 Lumen je Watt.2Lumen ist die Bezeichnung für die Menge des abgegebenen Lichts einer Lampe. Sie wird auf Lampenverpackungen angegeben. Die eingesetzte Energie wird in Watt gemessen. Ihr Verhältnis bezeichnet die Effizienz einer Lampe. Bereits die Öllampe erweist sich als etwa doppelt so effizient. Ihre Lichtausbeute beträgt 0,2 Lumen je Watt. Der Glühstrumpf erreicht einen imposanten Wert von 5,0 Lumen je Watt. Anders gesagt, er ist 50 Mal so effizient wie eine Kerze. Besser waren die ersten Glühlampen mit Kohlefaden nicht. Und ganz kleine Glühlampen sind auch heute nicht effizienter.
Selbst die modernsten „Gaslaternen“, z.B. Campinglampen, werden heute noch mit dem Glühstrumpf betrieben. Sog. Starklichtlampen geben zwar mehr Licht ab, etwa vergleichbar mit einer 400 W Glühlampe, jedoch wird deren Lichtausbeute durch den Glühstrumpf bestimmt bzw. begrenzt.
Bis zur Entwicklung des Auerstrumpfs ist vermutlich niemand auf die Idee gekommen, dass das Licht eine Nebenwirkung besonderer Art hat, Blendung. Diese reduziert den erzielten Nutzeffekt von etwas bis zur Unerträglichkeit. Man kann mit dem ungeschützten Auge beliebig lange in eine Kerze schauen. Dass sie dabei blendet, fällt nicht unbedingt negativ auf. In einen aktiven Glühstrumpf einer Starklichtlampe guckt man besser nicht. Wenn man es denn tun muss, sieht man anschließend kaum etwas für einige Zeit danach. Die gemeinte Wirkung, Blendung, ist uns bis heute treu geblieben. (s. „Blendung – Was ich schon immer wusste und nie nachfragen wollte“)
Das Gaslicht hat die Kultur unserer Städte stark geprägt. Um 1900 war es die vorherrschende Beleuchtungstechnik der Industrie und der modernen Städte. Selbst in Siedlungen, die nie Gasbeleuchtung hatten, bevorzugen Menschen bis heute ihr gelbliches Licht, das aber meist elektrisch erzeugt wird. In Berlin, einer Stadt, die immer noch die größte Zahl an Gaslaternen für die Straßenbeleuchtung betreibt, werden teilweise historische Laternen mit LED-Leuchtmitteln betrieben, die das Gaslicht simulieren.
Die Gasbeleuchtung von Innenräumen hatte nicht nur seinen monetären Preis. In Theatern und sonstigen öffentlichen Räumen trat sie als Sauerstoffverbraucher in Konkurrenz zum Menschen. Will man die Räume hell beleuchten, wird es darin schnell warm. Stoffe, die bei der Verbrennung entstehen, so z.B. Ammoniak und Schwefel, zerstören die Dekorationen, Gemälde und sonstige Ausstattungen.
Eine Übergangstechnik zu Licht 2.0, bei dem es nur noch elektrisch erzeugt wurde, war die Kohlenbogenlampe. Bei ihr war das Brennbare (Kohle) nicht die Energiequelle. Doch es bestimmt das Charakteristische des Leuchtmittels. Der namentlich bekannteste Vertreter dieser Technik war die jablotschkowsche Kerze, eine spezielle Ausführung der Lichtbogenlampe.
Die Kohlebogenlampe besteht im Prinzip aus zwei Kohlestiften, die an eine Stromquelle angeschlossen werden. Wenn sich die Stifte berühren, fließt Strom. Trennt man sie vorsichtig, springt der Funke über, es entsteht ein Lichtbogen. Dessen Eigenschaften hängen wesentlich von dem Abstand der Kohlestifte ab. Dieser ändert sich aber durch den Abbrand ständig, und damit die Lichtqualität, so dass man den Abstand zwischen den Stiften genau kontrollieren muss. Daher war die erste Kohlenbogenlampe des Briten Humpry Davy, erfunden um 1802, erstens schwer zu betreiben, und zweitens „brannte“ sie nur wenige Minuten. 3Der Begriff „Brennen“ ist ein Erbe aus der Zeit, in der Licht durch Brennen von Materialien entstand. Bei der Lichtbogenlampe gab es zwar immer noch einen Abbrand, aber deren Licht ist nicht Ergebnis eines Oxidationsprozesses. Aber auch LED-Lampen „brennen“. Da zudem zu dieser Zeit keine leistungsfähigen Generatoren existierten, blieb die Lampe mehrere Jahrzehnte lang ohne eine praktische Bedeutung.
Erst in den 1840er Jahren wurden verbesserte Bogenlampen von Staite und Petrie entwickelt. Der Abstand der Kohleelektroden wurde von einer Mechanik ständig kontrolliert. Zudem waren deren Elektroden nicht horizontal ausgerichtet sondern vertikal. Hierdurch wurde der Lichtbogen nicht mehr durch die aufsteigende Luft nach oben gebogen. Auch diesen Lampen gelang kein kommerzieller Durchbruch und damit eine praktische Bedeutung.
Erst der russische Ingenieur Pawel Jablotschkow entwickelte eine kommerziell erfolgreiche Bogenlampe. Er verwendete zwei parallel verlaufende Elektroden und machte damit die komplizierte Mechanik für die Nachführung dieser Elemente überflüssig. Jablotschkow verwendete auch einen neuartigen Stromgenerator, der zusammen mit seiner Lampe auf der Weltausstellung in Paris 1878 vorgestellt wurde.4Bogenlampen-Nachstellmechanismus nach Staite und Petrie, Public domain
Kurz darauf meldete sich ein deutscher Erfinder mit einer von ihm entwickelten Kohlenbogenlampe. Für diesen war nicht die Lampe das ultimative Ziel, sondern deren „Betriebsmittel“, der elektrische Strom. Werner Siemens gilt allgemein als der Entdecker des dynamoelektrischen Prinzips, auf dem Stromgeneratoren beruhten. Bereits vor ihm gab es weitere Techniker, die sich mit dem Prinzip befassten. Fast zeitgleich mit Siemens entdeckte und publizierte Charles Wheatstone, ein britischer Physiker, das dynamoelektrische Prinzip im Jahr 1867. Siemens, der später 1888 vom Deutschen Kaiser wegen seiner Verdienste in den Adelsstand erhoben wurde, erkannte die große Bedeutung von Generatoren und auch der Technik von Wheatstone. Sein Ziel war es, elektrische Ströme von unbegrenzter Stärke möglichst billig und mit wenig Arbeitsaufwand zu erzeugen. Als er das Prinzip vortrug, bestand seine Firma, die Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske in Berlin, bereits 20 Jahre. Das Unternehmen entwickelte sich danach zu einem der weltweit größten Elektro- und Technologiekonzerne. Erst im Jahre 2020 sollte die Siemens Energy AG an die Börse gebracht werden.
Da sich Siemens‘ Interesse nicht allein an der Lampe erschöpfte, sondern eher der Energieerzeugung und -verteilung galt, wurde die von ihm entwickelte Bogenlampe gleich mit mehreren Exemplaren an einen Generator angeschlossen präsentiert. Kurz nach der Präsentation in 1879 ließ die Stadt Berlin in einer heute noch bedeutsamen Kreuzung der Stadt (Unter de Linden/Friedrichstraße) die Gasbeleuchtung durch Kohlebogenlampen ersetzen. In dem selben Jahr wurde der neu errichtete Münchener Centralbahnhof „elektrisch“ beleuchtet.
Die Entwicklung der Kohlebogenlampe führte zu dem Bestreben, zentrale Plätze ebenso zentral, also durch einen einzigen Lichtpunkt, beleuchten zu wollen. Die Lampe eignete sich nämlich bestens für Scheinwerfer, die für Militärzwecke eingesetzt wurden. Diese Anwendung war immerhin so bedeutsam, dass der Versailler Vertrag, mit dem der Erste Weltkrieg endete, auch eine Bestimmung zur Herstellung von Scheinwerfern in Deutschland enthielt.
Eine bestimmte Version der Kohlebogenlampe, die Beck- oder Hochintensität-Lampe, wurde in Kinoprojektoren bis in die 1960er-Jahre hinein verbaut. Ohne diese Lampe wären die Technicolor-Farben der Filme viel blasser geblieben. Die „Tradition“ der Pausen im Kino geht auf die kurze Brenndauer der Kohlebogenlampe zurück. Der einstige Filmvorführer, ein moderner Beruf, musste mit einer feuergefährlichen Technik (Celluloidfilm) umgehen und dabei die „Qualitätskontrolle“ des Lichts durchführen, das aus dem Feuer entstand. Daher durften die Filmrollen maximal 600 m lang sein. So bestimmte eine Lampentechnik die Nutzung eines wichtigen Kulturguts.
Die hohen Leistungen, die mit den Kohlebogenlampen möglich waren, haben die Lichttechnik mittelbar geprägt, weil Werner von Siemens Einheiten mit hohen Leistungen bevorzugte. Hingegen wollte der kommende Star, Edison, möglichst kleine Lampen produzieren. Das Ergebnis ist bekannt. Das hielt aber die „Lichttochter“ von Siemens, die Firma Osram, nicht davon ab, den Hardenbergplatz am Bahnhof Zoo in Berlin über einen Flutlichtmast mit 15 m Höhe zu beleuchten, immer mit der neuesten und „hellsten“ Lampe.5„Auf dem Hardenberg Platz wurde nach Fertigstellung des U-Bahnhofs der Linie 9 im Jahr 1961 bis zur Umgestaltung 1987 von der einst in Berlin gegründeten Firma Osram eine rund 15 Meter hohe Flutlichtleuchte aufgestellt, die mit den jeweils neuesten, hellsten Lampen aus der eigenen Produktion bestückt wurde.“ @
Unsere Städte hätten sich vermutlich anders entwickelt, wenn die Vorstellungen von Siemens und anderer Anhänger großer Leistungen durchgesetzt hätten. Weder die kleinen noch die starken Kohlebogenlampen waren je geeignet gewesen, um in Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden eingesetzt zu werden. Und auf kleinen Masten als Straßenbeleuchtung montiert, erzeugten sie zu viel Blendung. Die amerikanische Stadt San Jose, Kalifornien, versuchte das Problem im Jahre 1881 zu lösen, indem man die Bogenlampen auf einem 75 m hohen Turm installierte. Die Stadt San Jose verbaute 6 Bogenlampen mit einer Gesamtleistung von 24.000 Candlepower. 6Candlepower ist eine obsolete Größe. Sie entsprach dem Licht einer Walratkerze mit einem Gewicht von 76 Gramm und mit einem Abbrand von 7,8 g/h. Candlepower war eine in 1860 eingeführte britische Größe. Sie entsprach der Lichtstärke. Die Lichtleistung einer Lichtquelle wird heute in Lumen gemessen, die Bezeichnung der Quantität des Lichts, das eine Lichtquelle abgibt. Die Idee der später Moonlight Towers bekannt gewordenen Leuchttürme wurde bald von vielen Städten in den USA und in Europa kopiert. Die Großstadt Detroit wurde gar nur durch Moonlight Towers beleuchtet. Ihre Geschichte hatte mit einem 90 m - Moonlight Tower begonnen. Am Ende standen 122 Türme mit einer Höhe von 50 bis 60 m und sollen insgesamt 21 Quadratmeilen beleuchtet haben. Da sie zum Stabilisieren Stahlseile ringsherum brauchten, wird vermutet, dass die Stadt wie ein großes Spinnennetz ausgesehen haben muss. 7 Zur Geschichte der Moonlight Towers @
Licht 2.0 Licht aus Glühendem
Licht 2.0 umfasst nicht die gesamte Ära des elektrischen Lichts, weil dieses ja bereits mit der Kohlebogenlampe zu Beginn des 19. Jahrhunderts realisiert worden war. 8Humprey Davy und seine Kohlebogenlampe @ Um ein neues Zeitalter einzuläuten, mussten Fortschritte i.S. der bereits genannten Aspekte (endliche Brenndauer, Wärmeentwicklung u.ä.) erzielt werden. Was das neue Licht erreichen sollte, hat Thomas A. Edison, wie stets bei seinen Erfindungen, in seinem Notizbuch skizziert. Er gab als Ziel an, eine Lampe zu entwickeln, deren Licht so billig werden sollte, dass sich nur noch Reiche Kerzenlicht leisten würden. Und dieses Licht würde nicht blenden. Beide Ziele werden in der Lichttechnik auch im 21. Jahrhundert verfolgt.
Wie man mittlerweile übereingekommen ist, war Edison nicht der Erfinder der Lampe mit der Glühtechnik. Über das gesamte 19. Jahrhundert kann man technische Objekte nachverfolgen, die im Prinzip ähnlich funktionierten wie Edisons Lampe9Geschichte der Glühlampe Geschichte der Glühlampe @: Zum Lichterzeugen wird statt eines brennbaren Materials eines eingesetzt, das das Licht durch Glühen erzeugt. Da die meisten Materialien dabei oxydieren würden, muss das Licht in einem Glaskolben erzeugt werden, dessen Füllung dies verhindert. Dafür kamen Vakuum oder ein inertes10Inert ist in der Chemie die Eigenschaft eines Stoffes, sich nur schwer an Reaktionen zu beteiligen. Inerte Gase sind nicht reagierende, reaktionsträge oder reaktionsarme Gase. Die wichtigsten Inertgase sind die Edelgase Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon und Radon. Gas, meist Stickstoff, in Frage.
In beiden Fällen, Vakuum oder Stickstoff, bestanden allerdings Probleme, die die Nutzbarkeit der jeweiligen Lampe in Frage stellten. So verdampfen Materialien mehr oder weniger stark im Vakuum. Dies begrenzt zum einen die Lebensdauer der Lampe und zum anderen die Lichtdurchlässigkeit des Kolbens. Beide Effekte lassen sich auch an den voraussichtlich letzten Entwicklungen von Glühlampen feststellen. Benutzt man statt Vakuum ein Gas, wird viel Energie von dem Glühfaden zum Glaskolben übertragen. Die Lichtquelle wird zum besseren Ofen. Kein Wunder, dass die Erfindung der Vakuumpumpe zum Schrittmacher für die Lampentechnik wurde.
Edison gelang es, viele Schwachstellen der Technik zu beseitigen. Seine Lampe wurde im Januar 1880 patentiert. Die Besonderheit seiner Glühfäden bestand in ihrer Hochohmigkeit.11Hochohmig bedeutet mit größerem Widerstand. Die elektrische Leistung errechnet sich als Produkt aus Spannung und Stromstärke. Muss man wie in Kfz üblich mit geringen Spannungen (12 V in PKW, 24 V in LKW) arbeiten, muss die Stromstärke entsprechend erhöht werden. Dann wird entsprechend mehr Leistung in der Leitung verbraucht. Will man das verhindern, muss die Leitung stärker sein. Wenn der Verbraucher, in diesem Fall die Lampe, hochohmig ist, fällt der Verbrauch der Leitungen nicht ins Gewicht. Bei früheren Entwicklungen hätte man für jeweils wenige Lampen eine Stromquelle benötigt und viel stärkere Leitungen, wie man auch heute noch bei den Kraftfahrzeugen feststellen kann. Die kleinen Leitungsquerschnitte machten größere Versorgungsnetze für Elektrizität möglich und mit den Gasversorgungsnetzen konkurrenzfähig. Allerdings konnten diese Netze nur relativ kleine Areale bedienen. Und Edison wollte sein Hauptgeschäft nicht mit der Lampe, sondern mit Stromnetzen machen. Wie übrigens sein Konkurrent Werner von Siemens auch. Ihre Wege würden sich zwar mehrfach kreuzen, aber letztlich auseinandergehen, weil Edison Gleichstromkraftwerke anbot, in denen man die Spannung nicht einfach transformieren konnte. Somit war die Reichweite der Kraftwerke von Edison räumlich begrenzt. Anders bei George Westinghouse, der Wechselstrom verkaufte. Zwischen den beiden entwickelte sich der erste Formatkrieg der Wirtschaftsgeschichte (s. „War of Currents“). Diesen konnte Edison nicht gewinnen und versuchte deswegen, den Erfolg der Gegenseite mit Patentgebühren für die Lampen u.ä. zu verhindern. Licht wurde daher im Paket verkauft, d.h., wer Edisons Lampen einsetzen wollte, musste den Strom bei seinen Firmen kaufen. Und diese belieferten keine Kunden, die „illegale“ Lampen betreiben wollten.
Auch heute noch orientieren sich in Kanada, den USA, Mexiko und einigen nördlichen Staaten Südamerikas die Niederspannungsnetzwerke an dem Bedarf der Edison-Lampe, 110 V. Es hat sich nur geringfügig zu 120 V Nennwert geändert. Auch die immer noch gebräuchlichste Fassung für Lampen, insbesondere für Standard-Glühlampen sowie Gasentladungslampen zur Außenbeleuchtung, E27, geht auf ein Patent von Edison zurück. Sie kommt auch bei den modernsten LED- Lampen zum Einsatz, ein Erbe des 19. Jahrhunderts. Nicht das einzige, das unsere heutige technische Welt prägt. Licht 2.0 war die Ära, in der sich der Aufstieg der Elektrotechnik zu einer weltumspannenden Technologie beschleunigte.
Sukzessive wurden die wichtigsten Hindernisse für die Nutzbarkeit des Lichts ganz oder teilweise beseitigt. So z. B.
- Endliche Brenndauer
Glühlampen konnten bereits zu Beginn des 20 Jahrhunderts mit einer Lebensdauer von bis zu mehreren tausend Stunden erstellt werden. (Anm.: Da dies zu einem Problem für Hersteller wurde, haben diese ein internationales Kartell gebildet, das die Lebensdauer auf 1000 h begrenzte.12Das Phoebus-Kartell legte die Lebensdauer der Lampen mit 1000 h weltweit fest. Die Mitglieder, deren Lampen länger lebten, wurden bestraft. @ Hingegen betrug die Lebensdauer von Kohlebogenlampen zwischen Minuten und mehreren Stunden. Die erste Edison Lampe mit dem Kohlefaden wies eine Lebensdauer von 40 h auf.13Die Lebensdauer von Lampen gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der Lichtindustrie. Je nach Technik hängt sie sehr stark von der Betriebsart ab. So haben Allgebrauchsglühlampen eine Lebensdauer von 1000 h, es gab Projektionslampen mit 25 h Lebensdauer, aber mit viel höherer Lichtausbeute.
- Blendung
Durch die Möglichkeit, die Lampen in Leuchten oder in transluzenten14Transluzent = Licht durchlassend, aber nicht transparent (halbtransparenten) Decken zu betreiben, kann die Blendung begrenzt oder gar vermieden werden. Dies wurde durch die Beseitigung der Feuergefahr ermöglicht.
- Bedarf nach Überwachung und Kontrolle
Sofern die Lampe ordnungsgemäß installiert wird und die Stromzufuhr stabil bleibt, entfällt eine ständige Überwachung. Wenn das Licht trotz einer Alterung der Lampe gleich bleiben soll, wird eine Wartung erst nach mehreren hundert Stunden fällig.
- Wärmeentwicklung
Die Wärmeentwicklung stellt zwar bis heute ein großes Problem für die Lichterzeugung. Sie wurde aber sukzessive reduziert, was man an Hand der Lichtausbeute feststellen kann. Edisons erste Lampe wies mit 5 lm/W etwa die gleiche Effizienz auf wie das Gaslicht. Diese konnte im Laufe der Jahrzehnte um das Fünffache bis ca. 25 lm/W gesteigert werden (Halogenlampe). Üblich waren Werte zwischen 10 lm/W und 20 lm/W.
- Rauch- und Rußentwicklung
Diese Begleiterscheinung ist vollständig beseitigt.
- Feuergefahr
Eine direkte Feuergefahr ist nicht mehr gegeben. Eine Gefahr ist nur noch bei Missbrauch oder Lampenbruch gegeben.
Edisons Leistung erschöpfte sich bei weitem nicht in der Entwicklung der Glühlampe (Kohlefadenlampe). Er verstand es auch, ein komplettes System von Stromerzeugung, Verteilung, Schaltern und Sicherungen zusammenzustellen, das eine Handhabung des elektrischen Lichtes für jedermann und eine industrielle Produktion der Komponenten erlaubte. Die elektrotechnische Industrie, die mit der und um die Glühlampe gedieh, organisierte sich von Anbeginn an international wie kaum eine andere.
Das elektrische Licht wäre allerdings auch mit Edisons Lampe ein Luxus für breite Bevölkerungsschichten geblieben, hätte nicht der Chemiker Carl Auer von Welsbach den Metallfaden für die Glühlampe entwickelt. Metalle, die sich für hohe Temperaturen eignen, waren selten, teuer und schlecht zu verarbeiten. Von Welsbach entwickelte ein Verfahren zur Herstellung von Drähten aus Osmium und Wolfram, beides Metalle mit sehr hohen Schmelzpunkten. Im Vakuum würden sie aber trotzdem verdampfen und den Glaskolben schwärzen. Daher experimentierte man mit Schutzgasen mit möglichst schweren Molekülen bzw. Atomen (Stickstoff-Argon-Gemische, Krypton oder Xenon).
Die Halogenlampe nutzt einen besonderen Prozess aus, bei dem die Schwärzung des Kolbens rückgängig gemacht und das Material auf den Glühfaden zurückgeführt wird (Wolfram-Halogen-Kreisprozess). Dieser Prozess verlangt sehr hohe Temperaturen an dem Glaskolben, der deswegen aus Quarz gefertigt wird und relativ klein sein muss.
Während man alle technischen Details der Entwicklung der Glühlampe von 1802 bis heute in vielen Publikationen verfolgen kann, bleiben die technischen und sozialen Umstände ihrer Entwicklung relativ unterbelichtet. Ihr Beitrag zu den sozialen Entwicklungen weltweit bedarf ebenfalls einer kritischen Beleuchtung. Mit der Glühlampe wurden die Voraussetzungen für eine 24/7 Gesellschaft geschaffen (Edison-Effekt), die zunächst nur der hohe Preis für die Beleuchtung und Energie hatte aufhalten können. Das elektrische Licht fungierte als Geburtshelfer für viele Techniken vom Auto bis zum Computer. Selbst die Entwicklung der Eisenbahn, die früher Öl- oder Petroleumlampen einsetzte, wurde durch das elektrische Licht erheblich beeinflusst.
Mittelbar bewirkte die elektrische Beleuchtung die Entwicklung von Stromnetzen, die es ohne die Glühlampe vermutlich so nie gegeben hätte. Vor ihr gab es kaum Verbraucher für den elektrischen Strom, wie z.B. Elektromotoren. Die ersten größeren Kraftwerke wurden zur Versorgung von Glühlampen gebaut. Die allgemeine Verfügbarkeit der elektrischen Energie führte zu neuen strombetriebenen Maschinen in der Industrie und in Privathaushalten und damit zu einem weiteren Anstieg der Stromerzeugung. Heute ist ein hochentwickelter Staat ohne Kraftwerke und Stromnetze undenkbar. Man kann den Entwicklungsgrad eines Landes abschätzen an dem Anteil des elektrischen Stroms, der zur Beleuchtung dient, an der Gesamterzeugung. So schlägt die Beleuchtung im hochindustrialisierten Deutschland mit nur 2,1% der Endenergieverwendung15Bei der Interpretation der Zahlen zum Energieverbrauch ist Vorsicht geboten. Diese sind z.T. missverständlich oder mehrdeutig. Je nach dem, was man für einen Eindruck erwecken will, nimmt man kleinere oder größere Zahlen. Selbst das Wort Energieverbrauch ist eigentlich falsch, weil sich Energie nie verbraucht. Sie wird durch einen Prozess in eine weniger gut nutzbare Form umgewandelt. So wird elektrische Energie in einer Lampe wie in einem Ofen immer in Wärme umgewandelt, wenn sich beide in einem geschlossenen Raum befinden. Wenn man den Raum heizen will, sind Lampe und Ofen gleichwertig. Der Begriff Endenergieverbrauch verniedlicht den Konsum von elektrischer Energie, weil bereits bei der Umwandlung von Primärenergie mindestens ein Drittel verloren geht. Je nach Länge der Leitung und Art des Generators, kann ein weiteres Drittel verloren gehen. zu Buche16Banschbach, V. Einflussgrößen des Energieverbrauchs – Eine empirische Analyse für Deutschland –, Diplomarbeit, Universität Heidelberg, 2003. Hingegen wird in Entwicklungsländern mit einem kleinen Industriesektor der elektrische Strom hauptsächlich für Beleuchtungszwecke eingesetzt.
Welches Potenzial in der neuen Lampentechnik steckte, kann man beispielsweise an der Beleuchtung des Münchner Nationaltheaters sehen, die der König Ludwig II als erstes Theater mit Glühlampen beleuchten ließ.17Der High-Tech-König: Wie Ludwig II. Bayern ins Industriezeitalter brachte @ Dies sollte später als einer der Schritte von Bayern ins Industriezeitalter gelten. Auch der Aufstieg Berlins als Partymetropole um das Jahr 1900 geht auf das Konto von elektrischem Licht, auch wenn man den Einfluss der elektrischen Tram und der U-Bahn nicht vergessen darf. Das elektrische Licht wurde zum Schrittmacher der Zivilisation und bestimmend für das soziale Leben.
Die Möglichkeit, Licht unabhängig von der Sonne erzeugen zu können, beflügelte die Fantasie aller Beteiligten. Bescheidenheit war nicht gefragt. So wollte einer der führenden Köpfe der 1920 Jahre, Matthew Luckiesh, die komplette Sonnenstrahlung im Innenraum nachbilden. Hierzu brauchte er allerdings eine Technik, die als Licht 3.0 beschrieben wird. Licht bewegte nicht nur Techniker, sondern die ganze Gesellschaft. 18Werbefoto Osram um 1925 (s. Licht aus Plasma)
Licht 2.0 begann auch mit der Änderung der Architektur, insbesondere der Arbeitsstätten. Es schien nicht mehr erforderlich zu sein, Arbeitsräume möglichst hoch zu gestalten, damit das Tageslicht in die Raumtiefe eindringen konnte. Damit konnten die städtischen Grundstücke besser genutzt werden. Da hohe Arbeitsräume mit hohen Fenstern nicht nur mehr Tageslicht hineinlassen, sondern auch eine bessere Belüftung bedeuten, waren die neuen Gebäude schlechter belüftet. Den wahren Sprung in der Architektur brachte allerdings Licht 3.0. Man baute sogar komplette Hochhäuser ohne Fenster.
Mit den Lichtverhältnissen in Gebäuden änderten grundlegend die Beziehung zwischen dem Architekten und dem Licht. War dieser für Jahrtausende auch der Lichtplaner, drängte sich der Lichttechniker als Planer der künstlichen Beleuchtung in die Szene. Man war derart davon überzeugt, dass man die künstliche Beleuchtung ohne eine Berücksichtigung vom natürlichen Licht einrichten könne, dass sogar getrennte Normen für beide erstellt wurden. Auch das blieb lebendiges Erbe von Licht 2.0 bis heute. Für viele Menschen bedeutet Beleuchtung die Einrichtung von künstlichem Licht. Da die Ingenieure bei künstlichem Licht nur noch an elektrisches Licht denken, hat deren Weltverband CIE die Verwendung des Begriffs künstliche Beleuchtung verboten. Man darf nur noch „elektrisches“ Licht schreiben, wenn künstliches gemeint ist.
Um das Geschäft mit Licht in geordnete Bahnen im Sinne der Hersteller zu lenken, wurde ein weltweit aktives Kartell („Phoebus-Kartell“) gegründet. Dessen Wirken wird heute als ein Beginn der „geplanten Obsoleszenz“ angesehen, d.h. Gestalten von Produkten für eine begrenzte Lebensdauer. Unabhängig davon, ob ein Hersteller einem Produkt eine angemessene Lebensdauer geben wollte, weil dies auch im Sinne des Nutzers ist, oder ob dieser nur an eine gedeihliche Fortsetzung seines Geschäfts denkt, nehmen viele Menschen das Letztere an. (s. Das Phoebus Kartell - Gerücht - Legende - Realität)
Im Falle der Beleuchtung mit Glühlampen ergibt sich aus dieser Annahme eine unerschöpfliche Quelle von theoretischen Produkten, die unendlich leben würden, wenn der Hersteller ihre Lebensdauer nicht künstlich begrenzen würde. Die übliche Antwort darauf ist der Zusammenhang zwischen der Lebensdauer, der Lichtausbeute und dem Lichtstrom einer Lampe. Obwohl diese Antwort klar und deutlich ist, bleibt Licht immer noch ein Beispiel für die geplante Obsoleszenz. Ein vermutlich ewiges Erbe der Geburtsjahre der elektrischen Sonne.
In einem Jahrhundert, gekennzeichnet von einem atemberaubenden Tempo der Technikentwicklung, ist vieles von dem, was die Welt des Licht beherrscht, vollkommen gleich geblieben. So ist nicht nur Licht so -künstlich - definiert wie 1924. Niemand fragt, wozu man Licht überhaupt definieren muss, weil fast alle es zu kennen glauben. Die Wiedergabe von Farben wird noch an der Glühlampe gemessen 19Farben werden vom auffallenden Licht wiedergegeben. Ein Maß hierfür bildet die Normlichtart A von CIE, also die Glühlampe. Der Wert wurde zu 100 genormt. D.h., es gibt keine bessere Farbwiedergabe. Unsinnigerweise gibt es ein zweites Maß. Das ist Tageslicht. Auch dieses erreicht einen Wert von 100. Allerdings nur draußen, weil man in Räumen nur durch Glas gefiltertes Sonnenlicht finden kann. Je nach Glas kann der zuständige Index zwischen 97 und 71 liegen. Das gemeinte Tageslicht ist aber nicht das der Sonne, sondern etwas, was relativ selten vorkommt, derjenige Teil der optischen Strahlung der Sonne, der zum Sehen dient. So etwas kann man im Labor künstlich erzeugen. Begegnen kann man ihm nicht. Es sind Bemühungen im Gange, die Berechnung der Farbwiedergabe zu ändern. Mehr hier @, die in Europa verboten ist. Die CIE hat im Jahre 2021 ihr Wörterbuch neu ausgelegt und bezeichnet die in der Physik übliche Benutzung des Begriffes Licht nunmehr als Missbrauch.
Das abrupte Ende von Licht 2.0
Licht 2.0 endete sehr ungewöhnlich für technische Produkte. Üblicherweise endet ihre Geschichte nie wie z.B. die des Hammers, eines der ältesten Werkzeuge überhaupt. Oder technische Produkte werden obsolet wie die Dampfmaschine. Diese Kraftmaschine des Zeitalters der Industriellen Revolution kam irgendwann in die Jahre und verschwand leise aus der Praxis.
Während sie aus Produktionsstätten oder aus den Feldern recht früh verschwand, dominierte sie in der Dampflokomotive den Schienenverkehr bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Und dies, obwohl ihre Nachfolger, die Diesellokomotive und Elektrolokomotive, schon lange existierten. So war das erste spurgeführte und elektrisch angetriebene Fahrzeug schon als Modell im Jahr 1835 gebaut worden.20Thomas Davenport in Vermont baute mit dem von ihm entwickelten Kommutatormotor 1835 ein Modell eines elektrisch angetriebenen spurgeführten Fahrzeugs auf einem einspurigen Schienenkreis von vier Fuß Durchmesser. @ Die erste praktisch nutzbare E-Lok wurde von Werner Siemens 1879 in Berlin gebaut. Die letzte mit einer Dampflok regulär bediente Strecke wurde in Deutschland aber erst Ende Oktober 1977 eingestellt! Es dauerte also 100 Jahre nach der Entwicklung der E-Lok, bis die Dampflokära in diesem Land endete. Im Straßenverkehr war die Zeit der Dampfomnibusse mit dem 19. Jahrhundert abgelaufen. Daher wird als Beginn des Automobils die Entstehung des ersten mit einem Explosionsmotor betriebenen Kraftfahrzeugs verstanden. Das Dampfmobil war damit obsolet geworden. So obsolet, dass die meisten Menschen nicht einmal wissen, dass es heute noch Dampfautos auf den Straßen gibt.
Anders kam das Ende der Glühlampe. Seit etwa 2005 werden Herstellung und Vertrieb von Glühlampen mit geringer Lichtausbeute in einigen Ländern verboten oder es wurden solche Verbote geplant, um Energie zu sparen. Die EU-Kommission gab im Dezember 2008 bekannt, dass gemäß der Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG stufenweise Herstellungs- und Vertriebsverbote von Lampen geringer Energieeffizienz in den Mitgliedsländern umgesetzt werde.21Phasing out incandescent bulbs in the EU ; In: ec.europe.eu @ Da Glühlampen vielfältige Entwicklungslinien aufweisen und teilweise schlecht ersetzbar sind, dauerte deren Ersatz im Sommer 2023 immer noch. Die letzten Halogenlampen wurden 2023 verabschiedet (phase-out). Interessant ist, dass die als Ersatz vorgesehenen „Energiesparlampen“, die sog. Kompaktleuchtstofflampen, bereits zum 1. September 2021 ausliefen. Besser gesagt, verboten wurden.
Der letztgenannte Vorgang zeigt, wie fragwürdig eindimensionale Konzepte zum Klimaschutz sein können. Das Argument für das Verbot der Glühlampe ist nachvollziehbar eine Reduktion der CO2-Emissionen. Diese sollte erreicht werden durch den Ersatz der fraglichen Lampe durch eine mit besserer Lichtausbeute. Das Ersatzprodukt generierte Licht aber durch Quecksilber, ein Umweltgift, dessen Gefährlichkeit bereits in den 1950ern bekannt wurde (sog. Minimata-Krankheit). Die UNO haben in ihrem United Nations Environmental Program Governing Council Quecksilber seit 2001 auf der Liste der regulierten Substanzen der globalen Umweltverschmutzungen. Aber genau dieses Metall sollte verstärkt eingesetzt werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren, eine fatale Entscheidung wie die Förderung des Diesel-Motors für Autos als umweltfreundlich. Dieser reduziert die CO2-Emissionen durch den Autoverkehr tatsächlich und wurde deswegen als „umweltfreundlich“ gefördert. Er erreichte in Deutschland 2014 bei Neuzulassungen fast den gleichen Anteil wie der Otto-Motor. Es war aber bereits damals bekannt, dass andere Emissionen des Dieselmotors erheblich zur Luftverschmutzung beitrugen.22Roedenbeck, M., Strobel, J. (2014): Entrepreneurial Market Shaping in the Face of Path Dependency: The Success Story of Diesel Cars in Germany. In: Science, Technology & Innovation Studies. Jg. 10, Nr. 2. S. 21-44. Die Erfolgsstory des Diesel Motors endete übrigens abrupt am 18. September 2015 mit dem Abgasskandal bzw. Dieselgate. Der erwischte Missetäter, der Volkswagen Konzern, dessen einst als „Clean Diesel“ bezeichneten Autos diese Auszeichnung nur durch betrügerische Manipulationen „verdient“ hatten, wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Aber auch andere Hersteller von Dieselmotoren arbeiten bis heute an der Bewältigung des Dieselgate.
In Sachen Beleuchtung kam es aber glücklicherweise anders. Die LED-Technik konnte so weit entwickelt werden, dass die „Energiesparlampe“ schlicht überflüssig wurde.23Die sog. Energiesparlampe ist eine Leuchtstofflampe mit kleinen Dimensionen. Diese wurden erreicht, indem die Entladungsstrecke gebogen wurde. Hierdurch kann eine solche Lampe nicht immer unter optimalen Bedingungen betrieben werden. Daher ist die Lichtausbeute der „Energiesparlampe“ geringer als die der entsprechenden Stablampe. Laut DIN V 18599-4 beträgt die Effizienz der EnergieSPARlampen nur etwa 60 % der der stabförmigen Lampen. @ abgerufen 13.03.2023
Licht 3.0 Licht aus Plasma
Noch als die Glühlampentechnik laufen lernte, wurden Lampen entwickelt, die keine feste Materie zur Lichterzeugung brauchten. Eigentlich ist das Licht aus Plasma älter als die Glühlampe, denn bei den Bogenlampen leuchtet auch ein Plasma. Hierbei handelt sich um ein Teilchengemisch aus Ionen, freien Elektronen und meist auch neutralen Atomen oder Molekülen. Plasmen sind elektrisch leitfähig. Sie können durch Energiezufuhr aus dem gasförmigen Aggregatzustand erzeugt werden. Der Plasmazustand wird daher (nach fest, flüssig und gasförmig) der vierte Aggregatzustand der Materie genannt.
Eigentlich befindet sich der Weltraum insgesamt in einem Plasmazustand. Typisch für Plasmen ist ihr Leuchten, und damit sind sie zur Lichterzeugung geeignet. Die technischen Ausführungen reichen von der Glimmlampe bis hin zu Höchstdrucklampen (mit Drücken bis 10 MPa = 100 bar).24Bei allen Druckangaben für Lampen muss berücksichtigt werden, dass der „Maßstab“ die evakuierte Lampe ist. So herrscht in mancher „Hochdruck“lampe gerade mal 1 bar, also der Luftdruck im Freien. Der Höchstdruck von 100 bar würde bei einer Taucherflasche signalisieren, dass man langsam an das Auftauchen denken sollte. Der Luftvorrat ist mehr als zur Hälfte verbraucht. Die meist verbreitete Lampe, Leuchtstofflampe, arbeitet mit Drücken um 10 mbar. Genau diese Lampe sollte die Arbeitswelt umkrempeln, indem sie die Beleuchtung größerer Flächen mit hohen Intensitäten ohne eine hohe Wärmebelastung ermöglichte. In der Lampentechnik musste man allerdings lernen, in der Herstellung von Leuchtmitteln mit Drücken zu arbeiten, die sich um ganze fünf Zehnerpotenzen unterscheiden. Ein Jahrhundertwerk als Technologie der Lichterzeugung!
Da der Begriff Plasma mehrdeutig und dazu noch unspezifisch ist, benutzt man viel häufiger den Begriff Gasentladungslampe. Aber auch diese Bezeichnung taugt wenig zu einer Spezifizierung des Prozesses der Lichterzeugung, denn leuchten tut in der bekanntesten Gasentladungslampe, der Leuchtstofflampe, ein Gas, Neon, nur zu Beginn. Danach erzeugt Quecksilber, ein flüssiges Metall, eine für den Menschen unsichtbare Strahlung (UV). Das sichtbare Licht selbst wird durch einen Festkörper, den Leuchtstoff, erzeugt. Dieser wird durch die ultraviolette Strahlung angeregt, die der Quecksilberdampf ausstrahlt. Entsprechend lange hat es gedauert, bis man diese Lampe „optimieren“ konnte.
Gasentladungen in Gasen mit einem geringen Druck erzeugen die für das jeweilige Gas typischen Spektrallinien. Sie benötigen eine möglichst ungehinderte Strecke zwischen zwei Elektroden, eine Entladungsröhre. Die ersten praktisch nutzbaren Entladungsröhren wurden von Georges Claude entwickelt und enthielten Neon als Füllgas. Ihr Licht zeigt die für Neon typische rötliche Färbung. Von dieser im Jahr 1909 entwickelten Röhre stammt der Trivialname „Neonlicht“ oder „Neonröhre“ für die Leuchtröhren.25Die Bezeichnungen Röhre und Lampe für Gasentladungen müssen mit Bedacht verwendet werden. Dies musste ein gewisser Prof. Hollwich, ein deutscher Ophthalmologe, schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Seine Kritik an der Beleuchtung mit Leuchtstofflampen wurde in den 1960ern kaum zur Kenntnis genommen, weil er diese als Leuchtstoffröhre bezeichnet hatte. Er hatte aber eine Erkenntnis entwickelt, die heute als bahnbrechend gehandelt wird, die Existenz eines separaten Kanals von der Netzhaut zum Gehirn, das nicht zum Sehen dient, sondern die Körperrhythmen dem Außenlicht anpasst.
Licht 3.0 ist untrennbar mit dem Metall Quecksilber verbunden. Dieses ist bei Raumtemperatur flüssig und lässt sich mit wenig Energie zum Leuchten anregen. Besser gesagt, der Dampf des Metalls Quecksilber erzeugt Strahlung, aus der man sichtbares Licht erzeugen kann. Diese Strahlung hat unter Niederdruck den Höchstwert bei 254 nm außerhalb des sichtbaren Bereichs und muss deswegen zum Erzeugen von sichtbarem Licht durch einen fluoreszierenden Leuchtstoff geleitet werden. Daher der Name Leuchtstofflampe.
Leuchtröhren, ebenfalls Quecksilber-Niederdrucklampen, arbeiten mit kalten Kathoden. Ihr Licht lässt sich durch entsprechende Leuchtstoffe stark variieren. Sie werden in der Lichtwerbung und als Hintergrundbeleuchtung von Flachbildschirmen eingesetzt.
Erhöht man den Druck in einer Lampe, verschiebt sich das Spektrum der abgestrahlten Energie. Die sogenannten Mitteldrucklampen werden nicht für Beleuchtungszwecke eingesetzt. Sie erzeugen hauptsächlich UV und werden für technische Zwecke eingesetzt (Desinfektion, Lackhärtung u.ä.) Warum man sie Lampe nennt, weiß man nicht so genau.
Bei einer weiteren Druckerhöhung, so etwa von 0,1 bar bis 10 bar, erhält man Entladungslampen, deren abgegebene Strahlung auch ohne Leuchtstoff erhebliche sichtbare Anteile aufweist. Die Hochdruck-Gasentladungslampen werden auch HID-Lampen (von engl. high intensity discharge) genannt. Die Temperatur in der Lampe ist so hoch, dass das Entladungsgefäß temperaturbeständig sein muss (Quarzglas oder Keramik). Die Lampen werden oft mit einem Schutzglaskolben versehen, der auch einen Leuchtstoff trägt.
Die bekanntesten Hochdruck-Gasentladungslampen sind Quecksilberdampf-, Natriumdampf-Hochdrucklampe und Halogenmetalldampflampe. Ihr Einsatzbereich ist hauptsächlich Außenbeleuchtung. Die Natriumdampf-Hochdrucklampe mit ihrem gelblichen Licht und schlechter Farbwiedergabe wird meist nur in der Außenbeleuchtung benutzt. Den größten Anwendungsbereich von Hochdrucklampen decken die Halogenmetalldampflampen ab.
Die Höchstdruck-Gasentladungslampen arbeiten mit einem Quecksilber-Edelgas-Gemisch (Argon, Xenon). Sie sind für allgemeine Beleuchtungszwecke ungeeignet, dafür umso besser für alle Anwendungen, bei denen das Licht gut gebündelt werden muss, so in Projektoren, Scheinwerfern oder Leuchttürmen. Ihre Leuchtstrecke ist sehr kurz, dafür die Leuchtdichte umso größer. Ihr Licht wird aufgrund des hohen Drucks in der Entladung als fast kontinuierliches Spektrum wie bei Festkörpern abgestrahlt.
Die wahrlich revolutionäre Wirkung von Licht 3.0 entfaltete die Leuchtstofflampe, deren Vorläufer, die Geißlerröhre, in 1867 erfunden wurde. Von diesem Datum bis zur Produktion der Leuchtstofflampe, wie sie heute bekannt ist, im Jahre 1938 sollten etwa 70 Jahre vergehen. Der letzte große Schritt von vielen Entwicklungsstufen sollte die Beschichtung mit einem Leuchtstoff werden, den Edmund Germer in 1927 hatte patentieren lassen26Zur Geschichte der Gasentladungslampe und Germer @, abgerufen am 18. August 2022 Germer, ein Physiker aus Rostock, verkaufte sein Patent an General Electric, womit der Siegeszug der Leuchtstofflampe ihren Verlauf nahm.
Diesen Siegeszug kommentierte der Sehphysiologe Schober im Jahr 1961 mit folgenden Worten: „Erst die Einführung der Leuchtstofflampen hat es ermöglicht, zwei alte Wünsche der Technik zu erfüllen, nämlich die Arbeit in fensterlosen und genau klimatisierten Räumen auf der einen Seite und die von der Tageszeit unabhängige kontinuierliche Maschinenarbeit auf der anderen Seite.“27Schober, H.: Licht und Beleuchtung, in: Baader, W.; Lehmann, G. (Hrsg.): Handbuch der gesamtem Arbeitsmedizin, Band I, Arbeitsphysiologie, Berlin, München, Wien, 1961, S. 446 Dieses Zitat aus dem Jahre 1961 führt zwei Aspekte auf, die die Arbeitswelt bis heute beschäftigen:
- Ersatz des Tageslichts durch die künstliche Beleuchtung, womit eine vollständig künstlich beleuchtete Arbeitsumgebung möglich wurde
- Von der Tageszeit unabhängige Arbeitszeiten – heute 24/7 genannt.
Etwaige Bedenken zerstreuten in Deutschland die Arbeitsmediziner z.B. mit folgenden Worten: „Menschen in fensterlosen Fabrikationsräumen haben - sofern diese in arbeitshygienischer Sicht optimal gestaltet sind - keine gesundheitsschädigenden Einflüsse zu befürchten.“28Batzel, M.: Die Schatten des Kunstlichtes, in Stanjek, K.: Zwielicht - Die Ökologie der künstlichen Helligkeit, Raben, München, 1989 Der Anlass war die 6. Arbeitstagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin im Jahre 1965 zum Thema “Der fensterlose Arbeitsraum” . Wenn man dem fensterlosen Arbeitsraum eine ganze Tagung widmet, muss das Thema schon sehr bedeutsam sein. Offenbar ging man in der Medizin stillschweigend davon aus, dass das Tageslicht nicht zur Arbeitshygiene gehöre. Heute wird man das weit von sich weisen.
Das Votum der Arbeitsmedizin erfreute insbesondere die Lichttechniker derart, dass sie dem Thema gleich eine Sondertagung widmeten (Auge-Licht-Arbeit, Karlsruhe 1971). Auf der Tagung ging der spätere Vorsitzende des Normenausschusses Beleuchtung, H.-J. Hentschel, sogar noch weiter: „Hohe Ansprüche an die Beleuchtung, wie sie in der künstlichen Beleuchtung gestellt werden, nicht befriedigt werden.“
Die hier zitierten deutschen Aussagen hinkten denen aus den USA weit nach. Dort hatte man bereits in den 1950ern begonnen, unterirdische Schulen oder Krankenhäuser zu bauen. Es ging in deutschen Kreisen das Gerücht um, die „Amerikaner“ würden planen, in Büros eine Beleuchtung mit 10.000 Lux einzuführen. In einem Labor der AEG in Springe wurde eine Beleuchtung mit 4.000 Lux erprobt. Dagegen nahmen sich die Ziele der 1960er in Deutschland mit 1.000 Lux sehr bescheiden aus. Das Festbuch zum 75 jährigen Bestehen eines bekannten deutschen Leuchtenherstellers kommentierte damals euphorisch wie folgt: „Das Deutsche Lichtinstitut e.V. startet 1961 die “1000 lx-Bewegung“. Wissenschaftliche Untersuchungen über die subjektiv bewertete Beleuchtungsstärke unterstützen die Kampagne. Die Norm für Innenraumbeleuchtung (DIN 5035 von 1963) erhebt diese Erkenntnisse Beschreibung der Entwicklung von Beleuchtungskonzepten zum Stand der Technik.“ 29Rick-Lenze, R.; Hoffmann, E.; Schulte, F.; Hoffmann, E; Richter H.-J. u.a.: Lichter und Leuchten - Entwicklungsgeschichte und Technik eines alten Kulturgutes, Trilux-Lenze GmbH, 1987
Übrigens, auch 2025 war 1000 Lux nirgendwo Stand der Technik. Die Untersuchungen über die subjektiv bewertete Beleuchtungsstärke in den 1960er Jahren endeten mit Werten zwischen 20 lx und 20.000 lx.30Çakir, A.; Çakir, G.: Licht und Gesundheit – Eine Untersuchung zum Stand der Beleuchtungstechnik in deutschen Büros, Ergonomic Institut, Berlin, 1990 Und die Techniker haben sich als unfähig erwiesen, mit Präferenzen der Nutzer mit solch riesigen Spannweiten sinnvoll umzugehen. Zudem war es nicht klar, was die Nutzer bewertet hatten. Mir ist nur bekannt, dass diese in einen winzigen Guckkasten schauten, in dem die Beleuchtungsstärke geändert werden konnte. Dieser Kasten befand sich im Keller des Osram Hauses in München, in dem noch ein „Fenster“ installiert war, das Tageslicht darstellen sollte. Osram stellte mit diesem Fenster fest, dass Menschen zwischen Tageslicht und Kunstlicht nicht unterscheiden könnten. Die sog. „wissenschaftliche“ Untersuchung bestand in diesem Falle in einer simplen Abfrage. Echte Studien wie die von Bodmann haben gezeigt, dass bei der Büroarbeit eine ausreichende Sehleistung bei etwa 50 lx erreicht wird und darüber hinaus nicht mehr gesteigert wird, es sei denn, es handelt sich um spezielle Arbeitsplätze.31Bodmann, H.W.: Beleuchtungsniveaus und Sehtätigkeit, Int. Licht Rundschau, 1962, S. 4; Bodmann, H.W.: Kriterien für optimale Beleuch- tungsniveaus, Lichttechnik, 15. Jahrg. Nr. 1/ 1963, S. 24-26
Umso erstaunlicher festzustellen, dass sich Architekten von technischen Konzepten derart beeindrucken ließen, dass sie zuweilen eine totale Abkehr von Tausenden von Jahren architektonischer Kultur empfahlen. Ein Beispiel hierfür gilt ein Projekt aus den 1960er Jahren, das den Einfluss der umbauten Umwelt auf den Lernerfolg von Schülern erforschte. Das School Environments Research Project der Universität Michigan, Chicago, ermunterte den Professor für Architektur C. T. Larson dazu, den Einfluss fensterloser Klassenräume für Grundschüler zu untersuchen.32Das Projekt von Larson war eine groß angelegte Studie, an der 30 Forscher teilnahmen, davon 24 Professoren für Architektur, Ingenieurswissenschaften, Medizin, Meteorologie, Kindermedizin, Umweltmedizin, Psychologie, Pädagogik, Lernpsychologie et. al. Zu den Beratern gehörten u.a. ein Anthropologe, ein Informationsspezialist und diverse Schuldirektoren. Sein im November 1965 erschienener Bericht33C. Theodore Larson, The effect of windowless classrooms on elementary school children, University of Michigan, Ann Arbor: University of Michigan, Architectural Research Laboratory, 1965 stellte so alles in Frage, was zuvor zum Schulbau gehörte. Übersetzt lautete sein Fazit: „In Augenblick haben die Befürworter von Fenstern keine Daten, die ihre Ansprüche untermauern. Sie argumentieren vielmehr metaphorisch und suggestiv. Ihre Argumente muss man gegen statistische Erkenntnisse aus fensterlosen Schulen abwägen, die besagen, dass sie beim Heizen und Lüften 40% effizienter sind, konstantes Licht bieten, um Augenbelastungen zu vermeiden, und 35 dB und mehr Lärmreduktion erreichen. Zudem sind die Betriebs- und Wartungskosten niedriger.“
Obwohl sich Projekte wie dieses und auch der Bau von fensterlosen Schulen in Deutschland zu Beginn der 1970er Jahre als totale Fehlschläge erwiesen haben, konnte sich die Leuchtstofflampe bei Arbeitsstätten weitgehend durchsetzen und deren Architektur wesentlich verändern. Der wichtigste Grund hierfür war deren Eignung, große, zusammenhängende Flächen mit einer relativ geringen Wärmebelastung zu beleuchten. Große Bürolandschaften in Fußballfeldgröße schienen ebenso möglich wie flache Räume. Sie ersetzen hohe Räume, die mehr Tageslicht in die Tiefe brachten. Die Städte konnten so kompakter werden.
Der Traum der Techniker aus den 1920er Jahren, den Tag im Innern der Gebäude abzubilden bzw. nachzubilden, schien nunmehr in den 1960ern Realität zu werden. Zum Ende des 20. Jahrhunderts zeigten manche Untersuchungen, dass Menschen in Industriegesellschaften etwa 90% ihrer Zeit in geschlossenen Räumen verbrachten.
Da so etwas nachweislich ungesund ist, weil sich in künstlich beleuchteten Räumen die Umgebung kaum verändert, suchte man zu Beginn der 21. Jahrhunderts nach einer Beleuchtung, die sich steuern lassen sollte, damit sie dem Verlauf des lichten Tages anpassen lässt. Die Geschichte davon erzähle ich getrennt. (s. PLACAR - Die letzte Plasmalampe)
Licht 4.0 Licht aus Halbleitern
Fast pünktlich zur Jahrtausendwende wurde ein technisches Produkt als Lichtquelle wiederentdeckt, die Leuchtdiode bzw. die Lumineszenz-Diode. Es war zuvor unter demselben Namen bzw. als Laserdiode bekannt und wurde und wird in vielen Geräten als Leuchtanzeige verbaut. Heute kennt man sie nur noch mit dem Kürzel ihres englischen Namens LED (= light emitting diode). Ihre einstige Aufgabe besteht zwar immer noch, ist aber gegenüber der neuen, Beleuchtung, weit in der Hintergrund geraten.
Die kommerzielle Geschichte der LED hatte 1962 mit der Markteinführung als rote Betriebsanzeige von Geräten begonnen. Da ihre Lichtausbeute mit 0,1 lm/W sehr gering war, eignete sie sich nicht für Beleuchtungszwecke. Zudem leuchtete sie zu Beg inn ihres Lebens nur in Rot. Jede Halbleiterverbindung, die man zum Leuchten bringt, strahlt eine ihr typische Wellenlänge aus. Der Kern einer LED besteht aus einem Halbleiterkristall, der in einer Reflektorwanne sitzt. Wenn bei einem LED von Lichtfarbe die Rede ist, meint man die ihm typische Wellenlänge. Erst in 1971 wurden LEDs in Grün, Orange und Gelb verfügbar. Sie wurden in Taschenrechnern oder Digitaluhren verbaut.
Das für die Beleuchtungszwecke nötige „weiße“ Licht war trotz einer langen Entwicklung der LED, deren Beginn zu 1907 datiert ist, nicht realisierbar. Der fehlende Baustein, die blaue LED, wurde in den frühen 1990er Jahren von Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura in Japan entwickelt. Hierfür erhielten sie im Jahre 2014 den Nobelpreis für Physik. Die Begründung für die Verleihung des Preises hieß „Glühbirnen haben das 20. Jahrhundert erleuchtet, das 21. Jahrhundert wird von LED-Lampen beleuchtet werden.“ Tatsächlich wurde erst mit der blauen Diode eine Erzeugung eines weißen Lichts mit einem Festkörper möglich. Allerdings haben auch die neuesten LED noch nicht vergessen, dass der Hauptanteil ihres Lichts auf Blau beruht, die Achillesferse der neuen Lampentechnik.
Halbleiter verhalten sich bei der Lichterzeugung anders als Temperaturstrahler und Gase. Die ersteren strahlen ein kontinuierliches Spektrum aus, dessen Zusammensetzung von der Temperatur abhängt (Plancksches Gesetz).34Plancksches Strahlungsgesetz wurde im Jahre 1900 von Max Planck aufgestellt und gilt als die Geburtsstunde der Quantenphysik. Planck brach damit mit den klassischen Gesetzen der Physik. @ Bei den Gasen hängt das Spektrum erstens von dem Material ab, und zweitens von dem Druck im Entladungsgefäß. Gase können von einzelnen Spektrallinien bis kontinuierlichen Spektren alle möglichen Formen abstrahlen. Hingegen kann ein Halbleiter nur die ihm eigene Spektrallinie erzeugen. Eine LED ist im Prinzip einfarbig, also monochromatisch. Während man dies bei technischen Anwendungen nutzbringend verwerten kann, braucht man bei der Beleuchtung von Räumen, aber auch von Bildschirmen, ein möglichst breites Spektrum. Um dies zu erreichen, wendet man verschiedene Kunstgriffe an. Dazu gehört auch der Einsatz von Leuchtstoffen.35Die Erzeugung von weißem Licht mit einer blauen LED, Quelle Wikimedia Commons @ Man kann in dem Bild deutlich sehen, wie das Blau der Diode im Spektrum durchschlägt.
Die LED unterscheiden sich in zwei wichtigen Eigenschaften von konventionellen Lichtquellen. Zum einen ist ihr Licht nicht zwangsweise verbunden mit unerwünschten Strahlungsanteilen. Solche Anteile wurden bei früheren Leuchtmitteln entweder möglichst vermieden oder weggefiltert. Ein typisches Beispiel hierfür sind Projektionslampen, deren Infrarotanteil durch einen sog. Kaltlichtspiegel durch diesen hindurch nach hinten treten kann, während das Licht zum Film hin reflektiert wird. Bei Tageslichtscheinwerfern für die Studiotechnik wird so viel UV erzeugt, dass der Aufenthalt von Menschen in deren Licht zeitlich begrenzt werden muss. All dies ist mit den LED nicht notwendig.
Es ist aber nicht unbedingt immer von Vorteil, wenn das erzeugte Licht keine „Konterbande“ enthält. So erzeugen z.B. Gasentladungslampen immer eine gewisse Menge an UV. Dieser Anteil regt die Aufheller an, die in vielen Materialien, im Papier oder in Waschpulver enthalten sind. Fehlt dieser, erscheinen die Oberflächen gelblich. Dieser Effekt wird bei der Angabe der Farbwiedergabe der LED elegant unterschlagen. Das kann u.U. sehr teuer werden. So wurde die Allianz Arena, München, mit LED-Scheinwerfern hoher Qualität beleuchtet. Das Fernsehen beanstandete aber trotzdem die Bildqualität. So wurden nachträglich 540 UV-Scheinwerfer installiert. Nach außen wurde dies mit dem Wachstum vom Rasen begründet. Allerdings müssen die Scheinwerfer dafür nicht gleichmäßig wie für die Beleuchtung ausgerichtet werden. Und der Rasen braucht abends, wenn Flutlichtspiele abgehalten werden, eigentlich seine Ruhe.36Zu den zusätzlichen UV-Scheinwerfern in der Allianz Arena gibt es unterschiedliche Angaben. Auf der Website allianz-arena.com sind es 39. Begründet wird deren Installation wie folgt: „Dieses UV-Licht ist aber für die TV-Übertragung und die Darstellung der LED-Werbebanden von Nöten. Alle 39 Lampen müssen ebenfalls millimetergenau ausgerichtet werden.“ @ abgerufen am 22.03.2023. Die TZ München berichtete am 29.08.2009 “Allianz Arena: Solarium für den Rasen“: „Die Allianz-Arena mutiert zum Gewächshaus. Den edlen Rasen streicheln 540 UV-Strahler mit ihrem Licht, wenn kein Spiel auf dem Programm steht.“
Auch physiologisch gesehen kann man Probleme erkennen. So regeneriert sich die Retina mit Hilfe des Infrarots, das im Glühlampenlicht wie im Sonnenlicht enthalten ist. Fehlt dieses im Spektrum, ist die Regeneration gestört. Auch Zimmerpflanzen können Schaden nehmen, weil deren Empfindlichkeit nicht dem des menschlichen Auges entspricht. Wenn das Licht genau für das menschliche Sehen optimiert ist, kann die Pflanze praktisch verhungern. So mussten bei Stadionneubauten die besagten UV-Scheinwerfer deswegen nachinstalliert werden, weil es dem – reichlich beleuchteten – Rasen zu „dunkel“ war. Man kann auch andere Begründungen für die selbe Aktion lesen, nämlich dass man damit ein frischeres Fernsehbild erreichen will (s. oben).
Auch wenn das Licht der LED keine unerwünschten Anteile wie IR enthält, heißt es noch lange nicht, dass keine Verluste entstehen. Ganz im Gegenteil, eine LED besteht neben einem kleinen leuchtenden Element häufig aus einem großen Kühlkörper. Dieser leitet die Wärme je nach Beschaffenheit in andere Richtungen als das Licht ab. So kann in geschlossenen Decken eine Brandgefahr entstehen. Der wesentlich wahrscheinlichere Fall ist, dass die Lebensdauer der Lampe z.T. erheblich herabgesetzt wird, wenn die Ableitung der Wärme nicht optimal erfolgt. Der wesentliche Vorteil der LED besteht aber darin, dass das erzeugte Licht in eine andere Richtung abgestrahlt wird als die Verlustwärme.
Auch wenn das Licht der LED keine unerwünschten Anteile wie IR enthält, heißt es noch lange nicht, dass keine Verluste entstehen. Ganz im Gegenteil, eine LED besteht neben einem kleinen leuchtenden Element häufig aus einem großen Kühlkörper. Dieser leitet die Wärme je nach Beschaffenheit in andere Richtungen als das Licht ab. So kann in geschlossenen Decken eine Brandgefahr entstehen. Der wesentlich wahrscheinlichere Fall ist, dass die Lebensdauer der Lampe z.T. erheblich herabgesetzt wird, wenn die Ableitung der Wärme nicht optimal erfolgt. Der wesentliche Vorteil der LED besteht aber darin, dass das erzeugte Licht in eine andere Richtung abgestrahlt wird als die Verlustwärme.
Die zweite Besonderheit der LED ist noch schwieriger zu beherrschen als die Thermik und erfordert bei bestimmten Anwendungen, aber auch bei der Beleuchtung, besondere Vorkehrungen. Die LED ist ein sehr schnelles Schaltelement. Bei einem Betrieb mit Wechselstrom geht ihr Licht immer durch Null. D.h., das Licht erlischt für eine Zeit, wenn auch eine sehr kurze. Der entsprechende Effekt besteht zwar praktisch bei allen Lichtquellen, bei Glühlampen kann das menschliche Auge ihn aber nicht wahrnehmen. Beim Nulldurchgang des Stroms kühlt sich der Glühfaden nur etwas ab. Bei den Leuchtstofflampen war der Effekt hingegen (Flimmern genannt) für lange Jahre eine der wichtigsten Ursachen für Kopfschmerzen gewesen, bis man ihn mit elektronischen Vorschaltgeräten beherrschen lernte. Mit den LED ist das Problem zurück, wenn auch unter einem neuen Namen („flicker“). Er gehört mittlerweile zu wichtigen Themen der europäischen Industriepolitik, wie stark LED flimmern dürfen.37Ein Beispiel von vielen Veröffentlichungen zum Thema flicker von Michael Weinold. A Long Overdue End to Flicker: The 2020 EU Lighting Efficiency Regulations @ Die EU fördert die LED seit Langem als Teil ihrer Energiesparpolitik38Der Begriff „Sparpolitik“ ist mehrdeutig. Auch der deutsche Gesetzgeber benutzt ihn nicht selten falsch. So hieß die Verordnung, die der Energieeffizienz von Gebäuden dienen sollte, EnEV = Energieeinsparverordnung. Sie war aber die Umsetzung der Richtlinie 2002/91 EG, deren Name lautete „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“. Zwar bedeutet Effizienz ein sparsamer Umgang mit Ressourcen, zielt aber nicht unbedingt auf Sparen. Effizienz bedeutet, dass man ein vorgegebenes Ziel mit dem Einsatz geringerer Ressourcen erreicht. So kann man mit verschiedenen Heizungen eine angenehme Temperatur von 21º in Räumen erzeugen. Sparen heißt, dass man weniger von einer Ressource verbraucht, aber auch zu Lasten des Ziels. So prüft man, ob in Innenräumen auch 19º C erträglich sind. Wenn man eine Glühlampe durch eine LED ersetzt, deren Flimmern man nicht beherrscht, ist die Lichterzeugung mit einem geringeren Energieeinsatz verbunden. Die Lichtqualität leidet aber kräftig. Das ist dann eher ein fragwürdiges Sparen.
Am Beispiel des Flimmerns kann ein Muster wiedererkannt werden, das sich durch die komplette Geschichte des künstlichen Lichts durchzieht. Bei technischen Neuerungen werden positive Effekte gerne hervorgehoben. Negative hingegen werden ignoriert, wenn nicht geleugnet, bis man eine Lösung gefunden hat, die man dann stolz präsentiert. Im Falle der Leuchtstofflampe geschah dies mit Flimmern. Es wurde einige Jahrzehnte überhaupt in Frage gestellt, obwohl man auch technische Lösungen anbot. Als dann die Lösung, das elektronische Vorschaltgerät, gefunden wurde, wurde auch die Existenz des Problems anerkannt. Im Fall der LED hätte man die Lösung schon bei den ersten Schritten vor 20 Jahren diskutieren können, damit die neue Technologie ohne dieses Problem eingeführt werden konnte.
Schlimmer noch: Bei der Kfz-Beleuchtung kann der Effekt auch die Sicherheit gefährden. Darauf weisen einige Studien hin.42Polin, D. Flimmereffekte von pulsweiten-modulierter LED-Beleuchtung, Dissertation, Uni Darmstadt, 2015 In der zitierten Studie wird u.a. der Perlschnureffekt behandelt, der das Erkennen der Rückleuchten betrifft.
Der zweite wesentliche Unterschied zu konventionellen Lichtquellen ist die schnelle Steuerbarkeit der LED. Dies ist nicht nur bedeutsam für Showeffekte, wie man sie bei den Eröffnungsfeiern von großen Sportevents erleben konnte. Man kann auch übliche Beleuchtungseinrichtungen sehr gut steuern, so dass z.B. das „dynamische“ Licht, also eine Beleuchtung, die sich über den Tag ändert, relativ einfach zu realisieren ist. Die „Dynamik“ kann hierbei in einer Änderung der Intensität oder der Farben bestehen oder beide umfassen. Bei Autoscheinwerfern kann das Fernlicht intelligent und schnell gesteuert werden.
Verbunden mit einer weiteren positiven Eigenschaft der LED, die Möglichkeit sehr kleine Einheiten und mit ebenso kleinen Leistungen zu realisieren, ergibt sich eine kaum überschaubare Vielfalt technischer Anwendungen. Man kann z.B. die gleiche Fläche als Computerdisplay oder als Beleuchtung benutzen. Und beides sogar zum Zusammenrollen, weil man die Lichtquelle als sehr dünne flexible Folien erstellen kann. Insbesondere OLEDs (organische LED) zeichnen sich durch sehr günstige Eigenschaften aus. Da sie keine zusätzliche Beleuchtung brauchen, sondern selbst leuchten, lassen sich damit äußerst flache Displays herstellen. Davon profitieren Computerbenutzer z.T. direkt, auch wenn sie die Art der Wirkung nicht bewusst wahrnehmen. So können Flachbildschirme als Plasma-Displays an ihrer Oberfläche bis 60º C warm werden, LCD-Panels bei voller Helligkeit immerhin bis 38º C. Hingegen werden OLED-Bildschirme kaum messbar wärmer als die umgebende Luft. Auch LCD-Panels, die die LED nur als Hintergrundbeleuchtung einsetzen, werden selbst nach mehreren Stunden kaum merklich warm. Dieser Effekt kann nicht hoch genug geschätzt werden, wenn man in einer ohnehin warmen Umgebung einen Wärmestrahler direkt vor dem Gesicht hat.
In dieser Hinsicht ebenso wichtig ist die weiter oben angeführte Trennung von Licht und Verlustwärme. Will man bei konventionellen Leuchtmitteln die Beleuchtungsstärke an einem Arbeitsplatz verdoppeln, steigt die Gesamtwärmebelastung43Die Wärmebelastung durch Leuchtmittel besteht zu einem kleineren Anteil aus Konvektion, d.h. die Wärme wird an Bauteile oder die Luft abgegeben. Den größeren Teil liefert die Strahlung. Während man die Anteile durch Konvektion mit einer Klimatisierung etwas auffangen kann, gibt es keine Abhilfe gegen die Strahlung. Man müsste sie wegfiltern, wofür man optische Mittel zwischen Mensch und Strahler wie Bildschirm einsetzen müsste. Das ist unsinnig. Die Wärmebelastung gilt übrigens auch für das Licht, das ebenso Energie bedeutet. Allerdings bildet das Licht die gewünschte Wirkung, die man gern akzeptiert, sofern sie zu viel wird. für den Benutzer etwa im gleichen Maße. Bei einer LED-Beleuchtung hingegen kann man die Verlustenergie geschickt wegleiten. Zudem fällt diese aufgrund der besseren Effizienz ohnehin geringer aus.
Licht 4.0 ist eine noch junge Ära in der Beleuchtung. Immer noch wirken einstige konventionelle Technologien wie die Leuchtstofflampe nach einer Entwicklung von ca. 80 Jahren lange nach. Dass man bei jedem Übergang etwas von der geschichtlichen Entwicklung mitschleppt, sieht man sehr deutlich an der Fassung der Haushaltslampen mit der Bezeichnung E27, Lampe mit einem 27 mm-Edison-Sockelgewinde. So ähnlich wie bei der Entwicklung des Automobils. Das erste Automobil der Welt kam ohne Lenkrad aus, dessen Lenkhebel ahmten die Zügel der Kutschen nach, die die Pferde lenkten. Wenige Jahre danach, in 1894, wurde das Lenkrad erfunden. Heute fahren fast alle Autos immer noch mit einem Lenkrad, obwohl viel bessere Techniken seit Jahrzehnten existieren.
Nach drei Entwicklungsepochen, deren Techniken der Lichterzeugung mehr oder weniger mit der Natur verbunden waren, wurde Licht 4.0 durch eine Lichtquelle auf den Weg gebracht, für die die Natur keine Beispiele aufweisen kann. Halbleiter sind rein technische Produkte.
Licht 1.0 bis Licht 4.0 – das ist eine Entwicklung der Technik des Lichtmachens, die den Geburtshelfer von vielen Technologien gespielt hat. Zumindest war künstliches Licht Förderer von Arbeit und Technik. Es hat das soziale Leben auf dem Planeten nicht nur beeinflusst, sondern mächtig geprägt.